Tauche mit dieser Leseprobe zu Brisbane Love in das erste Kapitel des Wohlfühlbuchs ein.

Kapitel 1

»Gracie, wir haben ein Problem.«

Das Lächeln verschwand aus meinem Gesicht. Da war sie hin. Die Freude über den Anruf meiner besten Freundin war mit einem dumpfen Knall als fester Stein in meinem Magen gelandet. Dieser eine Satz reichte aus, um meinen entspannten Feierabend zu ruinieren. Zwar liebte ich mein Praktikum am Great Barrier Reef, aber die Arbeit mit den Schildkröten war auch körperlich auslaugend. Ich hatte mich auf Serie schauen und Beine ausstrecken eingestellt. Doch Stand jetzt konnte ich mir nur Zweiteres erfüllen. Mit einem Seufzer ließ ich mich auf das Bett sinken und schloss die Lider.

»Hey, Grace«, meldete sich auch meine andere Mitbewohnerin Vanessa zu Wort. Im Gegensatz zu Carly klang sie zumindest nicht ganz so panisch, was den Stein in meinem Magen etwas schrumpfen ließ. Aber wirklich nur minimal. Als hätte sich ein kleiner Kiesel gelöst.

»Was ist passiert?« Vor meinem inneren Auge malte ich mir die schlimmsten Szenarien aus. Meinen verhassten Spitznamen aus der Kindheit benutzte Carly nur, wenn es wirklich ernst war. Ein Wasserrohrbruch oder ein Brand? Hoffentlich nicht. Bei Carly bestand immer die Möglichkeit, dass sie überdramatisierte. Ich sollte mir nicht so viele Gedanken machen. Wahrscheinlich war es nur eine Aufgabe für die Uni oder irgendetwas in ihrem Nebenjob bei der GOMA.

Wenn ich nur daran glauben könnte. Das ungute Gefühl in meinem Magen verschwand zumindest nicht.

»Dana hat uns abgesagt«, erklärte Carly und seufzte resigniert. »Sie hat doch noch die Zusage ihrer Wunschuni bekommen.«

Kurz musste ich überlegen, wer Dana war. Da klingelte was in meinem Kopf, aber ich konnte nicht … In diesem Moment erstarrte ich und riss die Augen auf. Unsere neue Mitbewohnerin. Oder wohl eher unsere eigentliche neue Mitbewohnerin. Verdammt!

Das durfte doch nicht wahr sein! Ich meine, ich freute mich für sie, aber dieses Jahr war es unglaublich schwer gewesen, jemand Neues für das freie Zimmer zu finden. Das Argument Uni-Nähe hatte nicht mehr so gut gezogen wie bei früheren WG-Castings. Damals hatten wir uns vor vernünftigen Bewerbungen gar nicht retten können. Jetzt hatten wir den Großteil der Anfragen schon von vornherein aussortiert, weil es anscheinend zu schwer gewesen war, den Anzeigentext gewissenhaft zu lesen.

Keine Zweck-WG. Reine Mädels-WG. Jemand Längerfristiges. Himmel, das war doch nicht schwer zu verstehen. Allerdings hatte ich da die Studierenden unterschätzt.

»Sie hat sich auch tausendmal entschuldigt, dass sie uns so kurzfristig absagt«, fügte Vanessa hinzu.

Das konnte ich mir gut vorstellen. Vor meinem Praktikum hatte ich Dana bei zwei weiteren Treffen besser kennengelernt und war absolut überzeugt gewesen, dass sie zu uns passte.

»Bei uns wäre es viel lustiger gewesen«, murrte Carly. Dann blieb es für einen Moment still am anderen Ende der Leitung, ehe sie erneut tief seufzte. »Bis zum Semesterstart sind es nur noch ein paar Tage. Und du bist auch erst Ende der Woche wieder da, Grace. Wir können noch mal eine Runde starten, aber …«

Sie musste nicht weitersprechen. Allein bei dem Gedanken daran wollte ich mich unter meiner Decke verstecken und erst wieder rauskommen, wenn wir eine Lösung gefunden hatten.

WG-Castings waren die Hölle. Nervig, zeitraubend und ein verdammt großer Aufwand. Die Anzeige einstellen, alle Bewerber sichten und die komischen Anfragen aussortieren, Termine vereinbaren, die jedem passten. Dazu die immer gleichen Gespräche über das Studium und was wir gern machten. Es war ermüdend. Nicht zu vergessen der Kopf, der zu explodieren drohte, wenn man versuchte, sich alle Informationen zu merken. Verdammt, ich war so froh gewesen, dass wir durch waren. Und jetzt sollte es wieder von vorne losgehen?

»Ach komm, das kann doch nicht wahr sein«, murmelte ich genervt und massierte meine Stirn, hinter der sich eine Art Phantomschmerz breitmachte.

»Leider ja«, zerstörte Vanessa meinen letzten Funken Hoffnung.

Probehalber zwickte ich mir in den Oberarm, um zu überprüfen, ob mich meine Müdigkeit schon übermannt hatte und das nur ein Albtraum war. Vielleicht hatte ich die Augen gar nicht wirklich geöffnet, sondern nur im Traum. Doch die Situation veränderte sich nicht. Kein abruptes Aufwachen in einem stockdunklen Raum. Stattdessen befand ich mich immer noch in dem hellen, kleinen Zimmer, das mir für das Praktikum gestellt wurde, und hatte immer noch das Handy mit meinen Mitbewohnerinnen am anderen Ende der Leitung in der Hand.

»Kümmert ihr euch darum? Ab Samstag bin ich wieder in der Stadt, dann können wir Leute einladen.« Missmutig verzog ich das Gesicht. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass Danas Wunschuni jetzt noch zusagte. In ihrer Haut wollte ich für die Wohnungssuche in Sydney jetzt nicht stecken. In meiner allerdings auch nicht, wenn es darum ging, jemand Neuen zu finden. Die Freude auf meine Rückkehr nach Brisbane hatte einen faden Beigeschmack bekommen.

»Klar«, antwortete Vanessa sofort, die meiner Meinung nach deutlich zu euphorisch klang. Aber vielleicht lag das daran, dass sie keinen so anstrengenden Tag wie ich gehabt hatte. Oder weil es für sie erst die zweite Casting-Runde war und sie noch nicht so genervt davon war wie Carly und ich.

Seit meine beste Freundin und ich zusammenwohnten, hatten wir schon vier Mal nach Mitbewohnerinnen gesucht. Da freuten wir uns nicht mehr darauf, neue Leute kennenzulernen und zu erfahren, was sie so in ihrem Leben trieben. Diese anfängliche Euphorie war schon lang verflogen.

»Es gäbe da vielleicht eine Möglichkeit, wie wir um die Castings herumkommen.« In Carlys Stimme schwang eine Mischung aus Hoffnung und Sorge mit. Eine Mischung, die in mir erneut die Alarmglocken schrillen ließ.

Ich zog die Augenbrauen hoch, was sie leider nicht sehen konnte. In Momenten wie diesem verfluchte ich es, dass das W-Lan hier keine Videocalls zuließ. Zu gern hätte ich ihren Gesichtsausdruck gesehen, um den Haken an der Sache zu finden. Sonst hätte sie diese Information schon viel früher erwähnt. »Und die wäre?«

»Josh, also mein großer Bruder, hat sich gerade von seiner Freundin getrennt. Jetzt lösen sie die gemeinsame Wohnung im Fortitude Valley auf und er sucht eine neue Bleibe. Ich habe ihm versprochen, mich mal umzuhören und na ja …« Sie verstummte und ließ die Worte auf uns oder wohl eher auf mich wirken.

Fieberhaft ging ich alle Geburtstage von Carly durch. Er musste doch auf einem davon gewesen sein, aber ich konnte partout kein Gesicht heraufbeschwören. Kein Aussehen bedeutete, dass ich auch nicht wusste, was für ein Typ Mensch er war.

In meinem Kopf ging ich die Bruchstücke durch, die mir aus Gesprächen einfielen. Carly hatte zumindest nicht schlecht über ihn gesprochen, wenn ich mich richtig erinnerte. Trotzdem blieb ihr Bruder für mich ein unbeschriebenes Blatt, was bedeutete, dass …

»Ich weiß, Grace, du hast immer gesagt, dass du keinen männlichen Mitbewohner willst. Nach deinen Erlebnissen im Wohnheim verstehe ich das auch total, aber Josh ist nicht so. Bei ihm brauchst du dir wirklich keine Sorgen zu machen«, durchbrach Carlys Stimme meine Gedanken, die sich in einer immer schnelleren Spirale bewegten. »Aber egal, wie du dich entscheidest, es ist okay. Wir haben bisher jedes Casting gemeistert und werden das auch dieses Mal hinbekommen. Mach deine Überlegungen nicht davon abhängig.«

So gern ich das tun würde, stand das nicht zur Debatte. Ich rechnete es ihnen hoch an, dass sie sich für mich eine weitere Runde Castings antun würden. Gleichzeitig war mir klar, dass ich als Einzige unserer Dreiergruppe unsicher war.

In mir kämpften zwei Seiten um die Vorherrschaft. Die eine, die WG-Castings hasste und sich die Chance nicht entgehen lassen wollte, weitere zu vermeiden. Vor allem so kurz vor Semesterstart. Nur war da die andere Seite, die mich daran erinnerte, wie verdreckt die Küche im Studentenwohnheim gewesen war, nachdem meine Mitbewohner gekocht hatten. Die ganzen Diskussionen nicht zu vergessen. Es ist doch nicht so schlimm. Bis morgen ist alles sauber. Überraschung, in den meisten Fällen hatten sie dieses Versprechen nicht gehalten.

Ich war wirklich niemand, der auf Sauberkeit pochte. Aber Kochtöpfe waren zum Benutzen da und nicht, um in der Spüle ein flauschiges Eigenleben zu entwickeln. Die Jungs hatten mich damals all meine Nerven gekostet. Nicht nur Carly hatte sich mehrmals meine Leidensbekundungen anhören müssen, bevor wir beschlossen hatten, uns gemeinsam eine Wohnung zu suchen. Auch meine Mutter und mein damaliger Freund waren nicht verschont geblieben. Allein beim Gedanken an die Küche lief mir ein kalter Schauder über den Rücken.

»Grace? Bist du noch dran?«, hakte Vanessa vorsichtig nach.

Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich schon viel zu lang eine stille Reise in die Vergangenheit angetreten hatte. Schnell schüttelte ich den Kopf und verbannte die Bilder wieder in die hinterste Ecke des Kopfs, wo sie hingehörten.

»Es ist wirklich kein Problem, wenn du nicht willst, dass Josh bei uns einzieht.«

Obwohl Vanessa das sagte und ihre Stimme aufrichtig klang, war ich mir nicht sicher, ob sie es ernst meinte. Wie Gift fraß sich die Sorge durch meinen Körper, dass die beiden es mir übel nahmen, wenn ich uns erneut eine Suche aufzwang.

Es blieb alles an einer Frage hängen: Konnte ich über meinen Schatten springen?

»Carly, bist du dir sicher, dass ich bei deinem Bruder nicht die Krise bekomme?« Kaum hatte ich die Frage ausgesprochen, hätte ich sie am liebsten wieder zurückgenommen. Aber jetzt war es zu spät. Verdammt, das klang so dumm. Als wäre ich eine Furie, die bei dem kleinsten Problem ausflippte.

Sie lachte auf. »Absolut. Im Ernst, Grace, er ist nicht so wie die Jungs damals. Erstens ist er älter und damit deutlich reifer. Zweitens wohnt er nicht zum ersten Mal allein. Josh weiß, was es bedeutet, für sich selbst zu kochen, und dass Abspülen dazugehört. Mach dir seinetwegen keine Sorgen. Aber wenn du dich damit besser fühlst, machen wir einen Deal und er bleibt nur dieses Semester zum Übergang. Wir müssen nicht mehr Miete zahlen, Josh hat eine Bleibe und du hast eine Deadline, wenn du es mit ihm nicht aushältst.«

Was du dir nicht vorstellen kannst.

Ich verstand blind, dass diese Aussage in ihrem Plädoyer mitschwang. »Na gut«, murmelte ich. Im Prinzip hatte ich von Anfang an keine Wahl. Nicht, ohne zu wissen, dass wir sofort jemand Besseren finden würden, bevor die Unikurse starteten. »Sag ihm, er kann einziehen, wenn er will. Nicht jeder lebt gern mit seiner Schwester zusammen.«

»Ach.« In meinem Kopf sah ich Carly vor mir, die grinsend abwinkte. So wie sie es bei diesem Ausdruck immer tat. »Josh und ich sind ein eingespieltes Team. Das wird schon.«

»Wir können ja auch noch mal extra Regeln aufstellen, damit es funktioniert. Einen genaueren Putzplan und so«, schlug Vanessa vor.

Wärme durchflutete mich. Dass sie mir so entgegenkamen, zeigte mir mal wieder, wie gut ich es hatte. Sie hätten auch einfach ohne mich entscheiden oder mehrheitlich bestimmen können, dass Carlys Bruder einzog. Stattdessen gingen sie auf meine Sorgen ein und taten sie nicht als das ab, was sie in Wirklichkeit waren: absoluter Blödsinn. Meine Güte, sogar mir war das bewusst, aber ausschalten ließen sie sich damit nicht.

»Lassen wir es einfach auf uns zukommen«, entgegnete ich und versuchte mich an einem Lächeln. Vielleicht war es ganz gut, dass Carly und Vanessa mich nicht sahen. Wirklich überzeugend fühlte es sich für mich nämlich nicht an, eher wie eine Grimasse. Ein Blick in den Spiegel am Schrank bewies mir, dass ich recht hatte. »Nach einer Probezeit können wir immer noch über Verschärfungen nachdenken.«

Die beiden lachten. »Josh wird sich von seiner besten Seite zeigen«, versicherte Carly mir. »Dafür sorge ich.«

Jetzt konnte ich ein ehrliches Grinsen nicht unterdrücken. Es klang fast schon teuflisch, wie sie diese Worte aussprach. Ich stellte mir nur zu gut vor, dass sie Josh ganz genau erklären würde, was er zu tun und zu lassen hatte. Garniert mit ein paar freundlichen Drohungen. Typisch das, was ich von Geschwistern kannte.

»Verschreck ihn nur nicht«, merkte Vanessa leise lachend an. »Nicht, dass wir doch noch eine weitere Casting-Runde durchlaufen müssen. Obwohl die verrückten Vögel schon echt lustig waren.«

»Lustig schon, nur leider nicht WG-tauglich«, wandte Carly ein. »Oh, ich habe eine Idee. Sollen wir mit Josh skypen? Dann lernst du ihn kennen, Grace.«

Ich verdrehte die Augen, erinnerte mich dann aber schnell daran, dass sie das durchs Telefon nicht sahen. »Wie denn? Das W-Lan reicht doch für keine Videoanrufe und ich habe keine Lust, im Internetcafé eine Art virtuelles WG-Casting zu machen. Am Samstag bin ich wieder da und persönlich kennenlernen ist sowieso besser als online.«

»Supi, wir freuen uns schon darauf, wenn du endlich wieder bei uns bist. Vor allem seit Serenas Auszug ist die Wohnung extrem still«, flötete Carly übertrieben schleimig.

»Du tust ja so, als würde ich die ganze Zeit Lärm machen«, konterte ich ebenso gespielt empört.

Ein helles, zweistimmiges Lachen drang aus meinem Handy und führte dazu, dass sich mein Herz ganz leicht anfühlte. Der Druck löste sich von meiner Brust, der Stein verschwand aus meinem Magen und meine Mundwinkel verzogen sich zu einem entspannten Lächeln.

»Na ja, ich rechne damit, dass wir deine Rückkehr nicht überhören. Außer dein Koffer hat plötzlich an Gewicht verloren und fliegt von allein die Treppen nach oben«, fügte Vanessa hinzu. Als sie vor etwa einem Jahr bei uns eingezogen war, war sie noch schüchtern gewesen, aber inzwischen hatte sich diese Scheu gelegt. Manchmal setzte sie treffendere Spitzen als Carly.

»Schön wär’s«, murmelte ich und ließ meinen Blick durch mein Zimmer gleiten. Auf dem kleinen Schreibtisch standen einige Mitbringsel, die ich für meine Mutter und meine Freundinnen besorgt hatte. Von meiner Kleidung hatte sich nichts in Luft aufgelöst und ich war mir sicher, dass im letzten Monat kein Aufzug in unser Wohnhaus gebaut worden war. »Am besten besorgt ihr mir ein Sauerstoffzelt.«

Wieder ein Lachen, in das ich dieses Mal einstimmte. »Sagt die, die bei ihrer Arbeit problemlos Koalas durch die Gegend trägt«, meinte Carly scherzhaft.

»Koalas klammern sich an mir fest, da brauche ich nicht so viel Kraft. Der Koffer tut das leider nicht. Er macht sich nur schwer und hilft kein bisschen mit«, konterte ich. Dabei hatte sie recht. Ich verstand selbst nicht, wieso ich jedes Mal so außer Puste war, wenn ich mein Gepäck in unsere Wohnung im dritten Stock trug.

»Wirst du jetzt eigentlich Meeresbiologin oder hat das Praktikum nichts an deinem Berufswunsch geändert?«, riss Vanessa mich aus den Gedanken.

Ihre Worte fühlten sich wie ein Schwall kaltes Wasser an. Mein Berufswunsch. Wenn sie es sagte, klang das so einfach. Als wäre mir wirklich schon klar, was ich nächstes Jahr nach meinem Abschluss machen wollte. In einigen Momenten ging es mir auch so, aber meist war ich heillos überfordert. Ich wollte nicht aufhören, zu studieren, weil ich nicht wusste, was danach kam. Gleichzeitig wollte ich auch keinen Master machen. Nach drei Jahren hatte ich genug vom Lernen. »Ne, das mit den Fischen, Schildkröten und dem Great Barrier Reef ist zwar ganz cool, aber nicht für immer. Die Tiere in den Bäumen und auf der Erde sind mir lieber.«

Ein Gähnen entfuhr mir und ich schloss kurz die Augen. Die Müdigkeit suchte sich ihren Weg zurück in meinen Körper, jetzt, da das Adrenalin fürs Erste abgeklungen war.

»Ich glaube, Nessa, das war ein deutliches Zeichen für uns«, hörte ich Carlys amüsierte Stimme. »Ruh dich aus, Grace. Wir kümmern uns um das freie Zimmer. Du wirst sehen, Josh wird keine Probleme bereiten.«

Diese Worte arbeiteten weiterhin in mir, nachdem wir schon längst aufgelegt hatten. Selbst während ich kochte und mich eigentlich auf etwas anderes konzentrieren musste, flogen die Gesprächsfetzen durch meinen Kopf, gepaart mit Bildern aus der Vergangenheit. Ich versuchte es mit einer Folge meiner Lieblingsserie Friends, aber das lenkte mich nicht ab. Genauso wenig wie eine mir unbekannte Episode von Lost. Es war zum Verrücktwerden.

Genervt klappte ich meinen Laptop zu und trat an das Fenster, um auf das strahlend blaue Meer zu blicken, das sich vor mir erstreckte. Die Sonne war inzwischen untergegangen und der Mond spiegelte sich in den sanften Wellen. Durch mein geöffnetes Fenster drang der Meeresgeruch zu mir und das Rauschen des Wassers wirkte wie eine Entspannungsmelodie. Normalerweise beruhigte mich das, aber gerade brachte es rein gar nichts. Mir kam es eher so vor, als würde die Oberfläche als Leinwand fungieren.

Vor meinem inneren Auge breiteten sich die Erinnerungen an meine Zeit im Wohnheim aus. Wir hatten zu acht zusammengewohnt und am Anfang war alles toll gewesen. Ich hatte mir mit Janine das Zimmer geteilt, mit der ich mich auch heute noch ab und zu traf. Außer uns waren es zwei weitere Mädchen und vier Jungs auf unserer Etage.

Zu meinem Erstaunen schlich sich ein Lächeln auf mein Gesicht, als ich an die allererste Party zurückdachte. Damals hatten wir uns noch wirklich gut verstanden. Niemals hätte ich mir vorgestellt, wie schnell man von ein bisschen dreckigem Geschirr genervt sein konnte.

Ab und zu hätte ich noch verstanden. Aber sie hatten nach jeder Mahlzeit die Teller und Pfannen in die Spüle gestellt, ohne sie ansatzweise abzuwaschen. Wir hatten uns immer alles heraussuchen müssen, was wir selbst zum Kochen benötigten.

Bis ich den Fehler gemacht und all ihre Sachen abgespült hatte. Nicht nur das, was ich brauchte. Danach hatten sie nicht mal mehr darüber nachgedacht, einen Finger zu rühren. Zumindest war es mir so vorgekommen.

Aber vielleicht war Josh gar nicht so schlimm. Obwohl ich in meinen Erinnerungen immer noch kein Bild von ihm gefunden hatte, waren da einige Gesprächsfetzen, in denen Carly von ihm als Lieblingsbruder gesprochen hatte. Wenn ich mich richtig erinnerte, nahm er sein Studium extrem ernst. Das war eine gute Voraussetzung. Hoffte ich zumindest.


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